Mit ganz viel Dankbarkeit ist dieser Blogbeitrag entstanden – ursprünglich hatte ich diesen bereits vor einigen Jahren für einen Mutter- und Vatertag geschrieben und heute fiel er mir mal wieder in die Hände. Und aktuell ist er noch immer, auch wenn seitdem viel passiert ist. Und vielleicht ist gerade heute, am Ende dieses verrückten, turbulenten, intensiven Jahres, in dem Freude, Glück, Trauer und Ungewissheit so dicht zusammen liegen, an der Zeit, meinen Eltern zu danken. Für ganz viel Wärme, Liebe und Durchsetzungskraft und Stärke, die sie ihren drei Kindern fürs Leben mitgegeben haben.
Kennt Ihr das?
Man hat auch als Erwachsener immer mal wieder so eine Idee im Kopf, erstmal eine Idee, noch nicht so ganz ausgereift, muss unbedingt mit jemandem darüber sprechen, weil man sonst platzen würde. Oder die Idee ist noch nicht ganz zu Ende gedacht, der Plan aber schon im Kopf und die ersten Schritte in die Wege geleitet. Was es jetzt braucht, ist entweder noch etwas Motivation, die nächsten Steps weiter zu gehen, oder einfach noch etwas Austausch. Schön, wenn man mit solchen kleinen und großen Themen zu Mama und Papa kommen kann.
Family life
Zu meiner Familie und meinem Hintergrund: Ich bin mit meinen Eltern und zwei Schwestern einen großen Teil meines Lebens auf einem wundervollen kleinen Biohof im Schwarzwald aufgewachsen – mit viel Natur, viel Zeit draußen und einer zum einen Teil behüteten, teils auch sehr freien Kindheit. Meine Schwestern und mir hat dies offensichtlich innere Stärke, eine gewisse Gelassenheit und Unbeschwertheit und ziemlich viel Durchhaltevermögen verpasst. Meine Eltern waren damals die ersten Bio-Landwirte in der Gegend – zu einer Zeit, als das Wort Bio eigentlich noch gar nicht so richtig existierte. Ich glaube, sie waren schon damals gewohnt, immer etwas gegen den Strom zu schwimmen… Während die Landwirte der Nachbarschaft noch freigebig Kunstdünger auf ihren Feldern verteilten, stellten meine Eltern auf Bio um. Und damit auch auf nachhaltige Bewirtschaftung der Felder. Was sich heutzutage wundervoll, naturnah und ökologisch wertvoll anhört, war damals und ist bis heute einfach vor allem eins: Harte körperliche Arbeit, kaum Geräte auf den Feldern und arbeiten wie in einer Reportage über die Amish People – nämlich mit den eigenen Händen und wenig Technik. Für Töchter im Teenageralter ein wahrer Traum:-)). Und was haben wir daraus gelernt? Zum einen haben wir natürlich einen anderen Bezug zu Natur, Landwirtschaft, Nachhaltigkeit und allem, was die Natur uns schenkt. Und zum zweiten? Wenn Du an etwas glaubst, erreichst Du das auch! Und ja, der Weg dahin ist nicht immer angenehm, aber egal, im Endeffekt wirst Du fürs Durchhalten belohnt, denn etwas anfangen kann eigentlich jeder.
Meine Eltern waren und sind sicherlich damals wie heute nicht mit allen Entscheidungen ihrer Kinder einverstanden – das müssen sie jedoch auch nicht. Viel wichtiger sind die vier Worte „ja, mach´ das doch!“ Keine Argumente dagegen, keine gut gemeinten Einwände (na ja, ein paar wenige vielleicht:-)), einfach die Freiheit, die eigenen Entscheidungen treffen zu können – und zwar mit allen Konsequenzen. Und dass es absolut o.k. ist, auch einmal Dinge zu machen, die für andere irre zu sein scheinen – ja und? „Ja, mach´ das doch!“
Was dabei herauskam?
- Ganz viel Verständnis, obwohl eigentlich gar kein Verständnis dafür vorhanden war: Aus der nagelneuen Eigentumswohnung, die die Eltern ihrer Àltesten netterweise mit Anfang zwanzig überlassen haben, ausgezogen, um mit dem neuen Freund in eine alte heruntergekommene Villa zu ziehen – ach je, Kind, hast Du Dir das gut überlegt? Warum bleibt Ihr nicht einfach hier wohnen? Das Kind (total optimistisch: Nein, das ist doch so total romantisch! – Das Kind im Nachhinein: Nie, nie, nie wieder Altbau!!!)
- Das Betüteln der mit stoischer Gelassenheit ertragenen Exfreunde, die sie früher monatelang mit durchgefüttert haben – das muss manchmal echt hart gewesen sein. Manches versteht man im Nachhinein selbst nicht mehr…
- Zahlreiche Jobwechsel – der krasseste ging von der vermeintlich sicheren Bankkarriere in die Gastronomie und der nächste logische von der Festanstellung in die Selbstständigkeit – ok, ich glaube, das war echt ziemlich überraschend für meine Eltern – aber meine besten Entscheidungen ever..
- Mit Mitte 20 doch noch zum Studium – Ja, mach´ das doch! Das schaffst Du schon!
- Im Auslandsstudium und fürs Praxissemester ins Ausland? Toll, wir kommen Dich besuchen! Als dann mehrere Kinder gleichzeitig im Ausland waren, wurden die Besuche etwas herunter geschraubt (jemand musste ja weiterhin den Hof versorgen). Unsere Eltern haben so oft Neues ausprobiert, sind uns hinterher gereist, sind so kommunikativ und sicherlich tausendmal toleranter als ihre Kinder es jemals sein werden.
Ja, mach` das doch – was ist das Schlimmste, das passieren kann?
- Ja, mach das doch – was spricht dafür? Schau´ zurück – auf das letzte Jahr, die letzten Jahre, auf große und wichtige und auch auf kleinere Entscheidungen mit weniger großen Auswirkungen – hat Dein Bauchgefühl Dich schon einmal im Stich gelassen? War im Nachhinein betrachtet nicht jede Entscheidung für etwas gut und hat ganz genau gepasst? Vertraue darauf, dass dies auch in Zukunft so sein wird.
- Sprich mit Menschen, die Dich unterstützen und Dich inspirieren. Wenn du deiner auf Sicherheit bedachten, verbeamteten Freundin von deinen wildesten Ideen erzählst, brauchst du dich nicht wundern, wenn du vielleicht nicht die Unterstützung bekommst, die du dir wünscht. Du weisst nicht, welche Antwort du bekommst, wenn du andere um ihre Meinung fragst. Also entscheide, wen Du fragst und mit wem Du Dich über Deine Pläne austauschst.
- Lass Selbstzweifel zu. Und schau, was sie Dir sagen wollen. Ignoriere sie nicht, beschäftige dich mit ihnen. Was nimmst Du mit?
- Stelle Dir selbst die Frage, was passiert, wenn Du Deine Idee nicht umsetzt und was passiert, wenn Du sie umsetzt. Die wichtigste Frage, die Du Dir außerdem stellen solltest: Was ist das maximal Schlimmste, das in diesem Fall passieren kann?
- Was ist Schlimmer, als etwas falsch zu machen und nachjustieren zu müssen? Es gar nicht zu machen! Wie schrecklich wäre der was-wäre-wenn-Gedanke? Frei nach Anthony Hopkins: „Niemand von uns kommt hier lebend raus. Also hör auf, dich wie einen nachträglichen Einfall zu behandeln. Iss leckeres Essen. Geh in der Sonne spazieren. Spring ins Meer. Sag die Wahrheit, die du wie einen versteckten Schatz in deinem Gehirn aufbewahrst. Sei albern. Sei freundlich. Sei merkwürdig. Für alles andere hast du keine Zeit.“
Ich meine, er hat Recht:-))
Ein ganz großes Danke, Mama und Papa – für alles, was Ihr uns mitgegeben habt und was wir heute sind!